Der Fachkräftemangel?!

Von Merle Losem, Deutsche Hotelakademie

Ein krisenfester und sicherer Job – das Argument, sich für einen Beruf in der Hotellerie und Gastronomie zu entscheiden, hat durch die Corona-Pandemie seine Grundlage verloren. Während des Lockdowns stieg die Arbeitslosigkeit im deutschen Gastgewerbe im April um mehr als 200 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das ist die höchste Steigerung aller Branchen der deutschen Wirtschaft. Auf sehr hohem Niveau bewegten sich auch die Zahlen bei der Kurzarbeit mit mehr als 800.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gastgewerbe während der Schließungszeit. Die Coronakrise erschütterte nun das seit zehn Jahren kontinuierliche Wachstum der Branche mit mehr als 300.000 neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen – noch zum Jahresbeginn wurden händeringend Mitarbeiter gesucht.

Warum der Fachkräftemangel trotz Krise bleibt

Angesichts der dramatischen Zahlen und der unsicheren Zukunft vieler Betriebe liegt die Vermutung nahe, dass sich das Fachkräfteproblem erledigt haben dürfte. Doch der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern im Gastgewerbe wird zurückkehren – aus folgenden Gründen:

Mit Werten punkten

In der Summe sind das sehr ungünstige Entwicklungen des Branchen-Arbeitsmarkts. Umso wichtiger ist es gerade jetzt, notwendige strukturelle Veränderungen im Hinblick auf Arbeitsbedingungen anzugehen und die positiven Facetten der Branche noch stärker in den Vordergrund zu rücken. Denn wie in kaum einem anderen Wirtschaftsbereich kennzeichnen ein Miteinander und familiärer Zusammenhalt die Arbeit in Hotels und Restaurants. Oft sind die Betriebe kleine Einheiten und zumeist Familienunternehmen.

Zusammenhalt ist ein Wert, der in diesen Krisenzeiten an Bedeutung und Wertschätzung gewonnen hat und als große Chance gesehen wird, wie es die aktuelle branchenübergreifende Studie des Instituts für Beschäftigung und Employability zeigt. Die Coronakrise bedeutet Disruption: Die Pandemie hat die Arbeitswelt extrem schnell und radikal verändert, aber gleichzeitig auch eine Ideenvielfalt hervorgebracht, die zeigt, wie innovativ und agil Hotellerie und Gastronomie sind.

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Fünf Handlungsempfehlungen für Hoteliers

1. Mitarbeiterbindung priorisieren
Um Kündigungen und Abwanderungen in andere Branchen zu stoppen, ist Mitarbeiterbindung das oberste Gebot. Wer in der Zeit der Pandemie trotz Social Distancing mit seinem Team in engem Austausch blieb, konnte die Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen sogar festigen. Das Gefühl, gemeinsam durch die Krise zu navigieren, schweißt zusammen. Weil in finanziell angespannten Zeiten teure Bindungsprogramme nicht möglich sind, ist es umso wichtiger, Wertschätzung und Sicherheit zu vermitteln. Denn: Wie der Umgang in Krisenzeiten innerhalb des Unternehmens ist, prägt den künftigen Blick des Mitarbeiters auf seinen Arbeitgeber. Die Ritter von Kempski Privathotels sprachen in Coronazeiten zum Beispiel eine Jobgarantie aus und bezuschussten wie das Platzl Hotel München das Kurzarbeitergeld.

2. People Development digitalisieren
Effizient und effektiv „remote“ schulen: Die umfangreichen Hygiene- und damit einhergehenden Schulungsanforderungen haben für einen massiven Digitalisierungsschub im Trainingsbereich gesorgt – und die Vorzüge neuer, digitaler Bildungsformate aufgezeigt. Auf die Betriebe und Mitarbeiter individuell zugeschnittene, orts- und zeitunabhängige Angebote zu unterbreiten ist der Königsweg im People Development – während und nach der Coronakrise. Hotelketten wie Dorint Hotels & Resorts und Travel Charme haben die Zeit zum Beispiel dazu genutzt, um ihre Blended-Learning-Programme gemeinsam mit der Deutschen Hotelakademie deutlich auszubauen, auch für die Zeit „danach“.

3. Kommunikation intensivieren
„Angestellte im Gastgewerbe schätzen rund um Covid-19 die Transparenz ihres Arbeitgebers – und das bleibt auch immer noch das wichtigste Gut, wenn es darum geht, wieder ins Geschäft zurückzukehren“: Das ist eine Erkenntnis einer aktuellen Studie von Hotelcareer. In Krisenzeiten sind Information und Kommunikation besonders wichtig, dem stimmen auch fast 100 Prozent der Befragten der Studie des Instituts für Beschäftigung und Employability zu. Darüber hinaus ist die psychologische Komponente nicht zu vernachlässigen: Die Krise verunsichert, die Gästekommunikation ist herausfordernder geworden. Für die Mitarbeiter da zu sein, ein offenes Ohr zu haben oder sogar Angebote zur Stärkung der Resilienz zu unterbreiten ist eine lohnende Investition in die Beziehung zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitern.

4. Digitalisierung fördern
Digitalisierungsprojekte, die zuvor auf die lange Bank geschoben worden waren, bekamen in der Krise eine neue Dynamik. Diesen Schwung gilt es weiter zu nutzen, um Prozesse innovativ zu gestalten und Tätigkeiten zu automatisieren – auch im HR-Bereich. Wer zum Beispiel regelmäßig Dienstpläne schreibt, weiß, wie zeitaufwendig das sein kann, gerade in Zeiten, in denen flexibel und schnell umgeplant werden muss. Mit digitalen Tools und Lösungen lässt sich dieser Prozess wesentlich einfacher gestalten – zum Nutzen aller Beteiligten.

5. Strukturen optimieren
Virtuelle Zusammenarbeit, agile Organisationsformen und New Work profitieren in der Coronakrise deutlich. Wie kann das Potenzial der Mitarbeiter entfaltet werden, wie lässt sich Sinn stiften, eine Work-Life-Balance erreichen oder die Arbeitszeit flexibler gestalten? Wie können Mitarbeiter stärker partizipieren? Diese elementaren Fragen des New-Work-Ansatzes lassen sich auch auf das Gastgewerbe übertragen. Die Antworten auf diese Fragen können der Ausgangspunkt zur nachhaltigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen sein, wovon Hotellerie und Gastronomie nur profitieren können.

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Bild Geschäftsführung DHA Merle Losem

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